Arianne Lennaerts war fast drei Jahre lang mit ihrer Familie in unserem Verein aktiv: als Wettkampfrichterin, als Trainerin u.v.a.m. Ein echtes Multitalent.
Nach unserer Zoom-Verabschiedung am Montag (14.12.20) habe ich Arianne gefragt, ob sie ein Interview mit mir machen will. Für uns zur Erinnerung an sie, ihre Familie und unsere großartige Zeit zusammen. Sie hat sofort zugesagt und am Dienstag haben wir per Videotelefonie miteinander gesprochen. Arianne war sehr offen und hat viel gelacht. Arianne, du und deine Familie ward jetzt wie lange in Deutschland? Wir waren jetzt fast drei Jahre in Deutschland. In Bad Dürkheim.
Was habt ihr alles besucht und gesehen? Die Mosel, Trier, die Ostsee und die bayerische Alpenstrasse. Da wir in diesem Sommer nicht nach Italien reisen konnten, haben wir uns die Alpenstrasse angeschaut. Das war sehr schön! Im Winter waren wir auf dem Feldberg. Dort haben wir anfangen Ski zu laufen. Durch Berlin sind wir diesmal nur durchgefahren, als wir auf dem Weg zur Ostsee waren. Früher bin ich mit der Schule einmal im Jahr nach Berlin gefahren. Mit dem SCN waren wir auch viel unterwegs: Wetzlar, Dresden, Völklingen, Mainz, Darmstadt.
Du bist regelmässig in Berlin gewesen? Warum? Ich bin Lehrerin und mit meinen Abschlussklassen bin ich immer nach Berlin gefahren.
Was unterrichtest du? Kochen. Das ist Praxis und Theorie. Ich unterrichte es in den letzten beiden Klassen einer Secondary School. Die Schülerinnen und Schüler sind dann 17 und 18 Jahre alt. Und da ich auch immer Klassenlehrerin bin, machen wir zusammen eine Abschlussfahrt. Wenn ich nach Hause komme, kann ich auch wieder an meine alte Schule zurückkehren. Da ich schon 17 Jahre als Lehrerin gearbeitet habe, habe ich das Privileg, dass mir die Stelle 5 Jahre freigehalten wird. Am 1. April fange ich wieder an.
Ihr kommt aus Antwerpen in Belgien. Warum seid ihr nach Deutschland gekommen? Wir wohnen in Kalmthout, das ist von Antwerpen ca. 20-25 Minuten entfernt. Nach Deutschland kamen wir, weil Bart das berufliche Angebot bekam für die BASF in Ludwigshafen zu arbeiten. Es gibt Kollegen von ihm, die haben das Angebot angenommen, ohne dass die Familie mitgegangen ist. Die fuhren dann jedes Wochenende nach Belgien. Wir wollten so eine Lösung nicht.
War es eure gemeinsame Entscheidung? Wollten Tess, Wies und Staf auch mitgehen? Unsere Kinder haben das nicht mitentschieden, weil sie noch zu jung waren. Für Bart und mich war klar, dass wir als Familie gemeinsam nach Deutschland gehen. Die BASF hat uns von Anfang an gut unterstützt. Bart und ich konnten einen Deutschunterricht besuchen und die Kinder bekamen Englischunterricht.
Habt ihr euch vorher über die Pfalz informiert oder habt ihr euch überraschen lassen? Die Pfalz ist für Belgier eher unbekannt und auch wir kannten sie gar nicht. Die Kollegen von Bart, die schon in Ludwigshafen waren, sagten uns, dass wir an die Weinstrasse ziehen sollen und dass es in Neustadt eine Internationale Schule mit einer guten Community gibt. Es kam auch eine Frau zu uns, die uns von der deutschen Kultur und den Besonderheiten erzählt hat. Zum Beispiel, dass man sich in Deutschland siezt. So etwas gibt es in Belgien nicht. Sie erzählte auch, dass man nach sechs Monaten einen mentalen Tiefpunkt hat, danach sollte es aber wieder aufwärts gehen. Falls nicht, sollte man wieder heimkehren.
Warum seid ihr nicht nach Neustadt gezogen? Von Seiten der BASF kann man 3 Tage lang ein «Look and See» machen, in diesen drei Tagen kannst du eine Wohnung oder ein Haus mieten und die Schule angucken. Wir haben versucht in Neustadt ein Haus mit Garten zu mieten, aber es war Dezember und es gab keine Angebote. Wir wollten unbedingt einen Garten, weil unsere Kinder gerne im Garten spielen und ihre Zeit dort verbringen. Also haben wir dann in Bad Dürkheim ein Haus gemietet und sind fast jeden Tag nach Neustadt gefahren.
Wie war es in der Pfalz zu anzukommen? Was für Erwartungen oder Ängste hattet ihr? Wies war am Anfang geschockt. Aber er hat das sehr schnell verkraftet. Schon nach einem Tag hat er mit seinen Grosseltern telefoniert und ihnen erzählt, was er schon erlebt hat.
Hattet ihr anfangs Heimweh? Ja und nein. Ich habe meine Arbeit sehr vermisst. Und es war anfangs nur schwer zu ertragen, sich mit den wenigen Deutschkenntnissen nicht gut ausdrücken zu können. Du willst etwas sagen und weisst nicht wie. Den Kontakt zu unserer Familie und unseren Freunden zu halten, war sehr leicht. Und wir haben regelmässig echt belgisch gegessen, d.h. wir haben dann Pommes selbst gemacht. In Belgien geht man bestimmt einmal in der Woche in eine Fritterie und holt sich dort Pommes. Pommes sind ein echt typisches und traditionelles Essen.
Wie seid ihr auf den SCN gestossen? Wir haben in Belgien schon gegoogelt, welche Sportangebote es in Neustadt gibt. So haben wir den SCN gefunden und eine E-Mail geschrieben. Marcel hat uns dann geantwortet und mit ihm haben wir uns dann auch in Neustadt getroffen.
Seid ihr alle 5 Schwimmer? Bart auch? Nein, wir sind vier Schwimmer. Bart nicht. Er liebt Volleyballspielen. Es hatte sich hier auch einen Verein gesucht, doch leider schon beim ersten Training hat er sich verletzt und danach hat er nicht wieder angefangen. Das war sehr schade. Er hat sich dann oft auf das Fahrrad gesetzt und ist losgefahren. Fahrradfahren, auch mit dem Rennrad, das ist ein typisch belgischer Sport. Wies und Staf sind am Wochenende oft mitgefahren. Staf spielt auch gerne Fussball. In Belgien wird er auch wieder in einer Mannschaft mitspielen. Ich habe hier in Neustadt angefangen zu laufen. So 20 km in der Woche. Wenn ich Schwimmtraining gegeben hatte, hatte ich danach keine Lust, selbst nochmal ins Wasser zu gehen. So habe ich das Laufen entdeckt. Es macht Spass, aber Schwimmen ist schöner.
Fahrradfahren, Schwimmen, Laufen… wenn ihr jetzt alle anfangt zu laufen, könnt ihr zusammen Triathlon machen. (Lacht!) Ich war 20 Jahre lang Trainerin in zwei Triathlonvereinen in Belgien. Aber immer nur für das Schwimmen. Erst als wir nach Deutschland gegangen sind, habe ich damit aufgehört. Ich habe die Erwachsenen trainiert, das ging, wenn meine Kinder im Bett waren. Und zwei Schwestern von mir machen Triathlon.
Wie ist die Verbindung zum Triathlon entstanden? Marc Herremans kommt aus demselben Dorf wie ich. Er ist ein sehr bekannter und erfolgreicher Triathlet. Sein Team «Sterke Peer» ist auch sehr bekannt und ich habe mich sehr geehrt gefühlt, als ich gefragt wurde, in diesem Verein als Trainerin zu arbeiten. Als ich dort aufgehört habe, hat ein ehemaliger Schüler von mir das Training übernommen. Er ist jetzt Sportlehrer und macht das sehr, sehr gut.
Seid wie vielen Jahren schwimmst du, Arianne? Seit 35 Jahren schwimme ich. Ich mache es sehr gerne, es ist der beste Sport und es tut mir sehr gut.
Wie kamst du zum Schwimmen? Als ich 5 Jahre alt war haben mich meine Eltern zu einem Privatunterricht angemeldet, weil es ihnen sehr wichtig war, dass ich schwimmen lerne. Die Schwimmlehrerin war wie Thien auch Trainerin in einem Verein. Und weil ich so gern geschwommen habe, bin ich dann auch in den Verein gegangen.
Wie lange bist du schon Trainerin? Als ich 18 oder 19 Jahre alt war, habe ich angefangen Trainerdiplome zu machen. Ich bin B-Trainerin und habe bis zur Geburt von Tess Schwimmunterricht und Training gegeben. Und wenn ich jetzt wieder nach Hause komme, werde ich vielleicht auch wieder als Schwimmtrainerin arbeiten. Wie hast du es geschafft, deine drei Kinder für das Schwimmen zu begeistern? Wenn Kinder 4 oder 5 Jahre alt sind, ist es eine sehr gute Zeit mit dem Unterricht anzufangen. Vorher waren wir viel im Schwimmbad und haben einfach Wassergewöhnung gemacht. Aber ich habe die Kinder nicht selbst unterrichtet. Mit mir wollten sie immer nur spielen, deshalb haben sie fremde Lehrer gehabt. Und für sie ist Schwimmen ganz selbstverständlich gewesen. Einmal hat einer der Jungs gefragt: «Mama, wann kann ich denn mal mit Sport anfangen, wie die anderen Kinder in meiner Klasse?» «Sport? Aber du gehst doch dreimal die Woche schwimmen.» Und da wurde uns beiden klar, dass er Schwimmen nicht als Sport erkannt hat.
Wie waren die letzten Monate vor allem unter den Corona-Einschränkungen? Bart arbeitet seit März im Home-Office, aber er hat zum Glück ein eigenes Zimmer. Klar, es ist blöd, aber nicht so schlimm. Ich bin ein organisierter Mensch und es fällt mir nicht schwer Pläne zu machen. Mit den Kindern machen wir viel Sport. Wir gehen zu viert joggen. Im Sommer sind wir sehr viel Fahrrad gefahren und hatten einfach mehr Zeit für andere Dinge. Manchmal denke ich an die Zeit vor Corona und frage mich, wie ich das alles früher geschafft habe. Es kommt mir dann so unglaublich vor.
Freuen sich auch die Kinder, nach Belgien zurückzukehren? Worauf freut ihr euch am meisten? Die Kinder würden jetzt antworten: Pommes. (Lacht.) Aber wir freuen uns alle sehr auf meine Eltern. Sie sind sehr wichtig für uns. Und natürlich freuen wir uns auch wieder in unserem eigenen Haus zu wohnen.
Seid ihr zu Hause auch in einem Schwimmverein aktiv? Ja, beim AZK (Arvicola Zwemclub Kalmthout). Arvicola ist eine Wasserratte. Da habe ich früher immer trainiert. Tess, Wies und Staf schwimmen dort auch. Wenn wir zurück sind, werde ich dort vielleicht wieder Schwimmunterricht und Training geben. Die Kinder sind jetzt gross genug, aber erst sollen sie ihren Weg zurück in die Schule und zu ihren Aktivitäten finden. Wenn alles glatt läuft, dann fange ich vielleicht wieder an.
Was ist besonders an Kalmthout? Habt ihr dort ein schönes Schwimmbad? (Lacht.) Das Schwimmbad ist sehr klein. Aber wir leben in der Nähe eines Naturreservats. Die Kalmthoutse Heide. Sie ist sehr bekannt. Man kann bei uns sehr schön wandern, spaziergehen gehen und Fahrrad fahren. Und natürlich muss man Antwerpen und auch Brügge besuchen.
Zum Schluss: Was hat euch am SCN gefallen? Gibt es etwas Schönes zu erzählen, was euch besonders gut in Erinnerung geblieben ist? Eine Anekdote? Die Gemeinschaft im SCN hat uns sehr gut gefallen. Sehr gelacht haben wir als ich einmal wegen meiner Waffeln in einem Artikel in der Rheinpfalz war. Da habe ich 600 Waffeln während der Weinstrassen-Wettkämpfe gebacken. Die Fahrten mit dem SCN zu den Wettkämpfen waren auch immer sehr schön. Mit Uschi Böhm habe ich mir das Zimmer in einem Hotel in Wetzlar und in Völklingen geteilt. Das war sehr lustig. Mir hat es viel Spass gemacht, mich im Verein zu engagieren. Ich habe auch sofort mit dem Wettkampfrichterlehrgang angefangen. Ich konnte noch nicht richtig deutsch, aber Marcel hat mir geholfen und hat auch bei der Prüfung ins Englische übersetzt. Es war ein grosser Zufall, dass ich angefangen habe, für den SCN als Trainerin zu arbeiten. Ich hatte das nicht vor, aber als plötzlich zu wenig Trainer für unsere Gruppen da waren, hat Michaela gefragt, ob ich mir vorstellen kann, eine Trainingsgruppe zu übernehmen. Im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, dass es so gekommen ist und ich bin dankbar, diese Chance bekommen zu haben. Es war eine tolle Zeit.
(Anke Maxein) |